(Sämtliche unsere Fotos zum WGT sind auch in unserer Galerie zu finden.)
Im Vorfeld des diesjährigen WGTs bemängelten manche, es gäbe etwas weniger Headliner-Bands als sonst. Ob dies nun stimmt oder durch subjektive Einschätzungen verzerrt wird, lässt sich nicht exakt bestimmen. Schlussendlich wurde aber mit über 200 Bands und Künstlern an um die 40 Veranstaltungsorten das gewohnt einzigartig breite Spektrum an Schwarzer Subkultur geboten. Stets sind auch wenig bis kaum bekannte Acts dabei, die auf ihre Entdeckung warten - so geschehen auch dieses Jahr.
Konzerte gibt es am Donnerstag, dem halboffiziellen Eröffnungsabend, eher selten welche. Dafür kann man unterdessen schon länger zwischen einer Vielzahl Partys mit unterschiedlicher musikalischer Ausrichtung auswählen. Persönlich ging es traditionsgemäss zur Dunkelromantischen Eröffnungstanznacht der Blauen Stunde, der atmosphärischen Zusammenkunft für Träumer und Dunkelromantiker. Aufgrund von Übermüdung und mehr als üblicher Kälte auf der Wiese beschränkte sich die eigene Anwesenheit auf weniger als zwei Stunden. Aber angeblich sei noch die ganze Nacht hindurch bis zur Morgendämmerung getanzt worden.
Am Freitag führte das persönliche Programm als erstes zur Sixtina Absintherie, wo mit Koraktor eine Band aus dem eigenen Heimatland auftrat. Sie waren dieses Jahr eine von vier Schweizer Bands am WGT. Ihre Mischung aus Darkwave und Neuer Deutscher Todeskunst, die stets eine gute Priese Pathos enthält, schien auf Interesse zu stossen. Die Sixtina war das Konzert hindurch rappelvoll. Die Band spielte auch nicht zum ersten Mal am WGT und unterdessen wäre eine grössere Bühne für sie an diesem Festival durchaus verdient und angebracht.
Koraktor - Der letzte Tag
Anschliessend ging es weiter ins Schauspielhaus zu Raison d'être. Dort erwartete einem eine einstündige, stellenweise sehr finstere Musiklandschaft, die sich ohne Pause durchzog und so ermöglichte, tief in sie abzutauchen, um die eigene Gedankenwelt für diesen Zeitraum symbiotisch mit den Klängen und den psychedelischen Visuals zu manifestieren - ein beinahe schon meditatives Erlebnis.
Raison d'être - Towards Desolation
Der Konzertabschluss des ersten Festivaltages führte ins Heidnische Dorf zu Eivør, einem der persönlichen Highlights dieses Jahr, der allgemein so etwas wie ein Geheimtipp zu sein schien. Überraschend viele Besucher aus dem eigenen Umfeld waren hier anwesend. Die Musik von Eivør beschreibt man am besten als ungebändigt, wild, von elfenhaft bis trollhaft - eine faszinierende, selten gehörte Form von Musik, die man nur von sehr wenigen Bands kennt.
Eivør - Trøllabundin
Abschliessend stand noch ein kurzer Abstecher in die Kantine des Volkspalastes auf dem Programm, um bei der Party Apocalyptic Blue noch zu ein paar Liedern zu tanzen.
Am Samstag ging es erneut ins Schauspielhaus, diesmal zu Neun Welten. Dark Ambient-Folk, den man etwas mit Dornenreich vergleichen könnte (kein Zufall, sind sie beim gleichen Label). Auch hier bot sich die Gelegenheit, in mystische Welten abzutauchen - aber in doch weniger finstere als am Vortag bei Raison d'être.
Neun Welten - The Dying Swan
Die eine oder andere Metalband ist gelegentlich auch im persönlichen WGT-Programm zu finden. Diesmal fiel die Wahl auf Eden Weint Im Grab. Dark Metal mit teils balladenhaften Einflüssen wurde hier geboten. Leider machte das Westbad, welches als Veranstaltungsort neu dabei war, nicht den angenehmsten Eindruck. Es herrschte eine grosse Hitze, wie man sie in früheren Jahren im Alten Landratsamt schon erleben konnte. Geschuldet wurde dies sicher zu einem grossen Teil der angeblich seit Stunden fast durchgehend recht vollen Location. Trotz des ansprechenden Auftritts von Eden Weint Im Grab war man froh, hier nach dem Konzert rasch wieder raus zu können.
Eden Weint Im Grab - In der Toten-Taverne
Als letztes Konzert für den zweiten Festivaltag stand das Mitternachtskonzert von Wardruna in der Agra-Halle auf dem Plan. Hier zeigte sich, dass die Band unterdessen einen deutlich höheren Bekanntheitsgrad hatte als bei ihrem letzten Auftritt am WGT. Ursache dafür ist sicherlich auch ihre musikalische Beteiligung an der bekannten Serie Vikings. Trotz musikalisch sicherlich solider Leistung, kam es vom Ambiente nicht an das Konzert von vor ein paar Jahren im Heidnischen Dorf heran. Aber wenn es um Ambiente und Charme geht, hat die Agra-Halle, wie wichtig sie auch sein mag, eh wenig Chancen gegen die Hauptbühne im Heidnischen Dorf in den Abendstunden bei schönem Wetter.
Wardruna - Raido
Der Sonntag begann mit einer spontanen Planänderung. Beim Gespräch mit dem Sitznachbarn vor dem Konzert von Neun Welten am Vortag kam die Empfehlung zu Nytt Land, die zuvor dort aufgetreten waren. Und Nytt Land spielten noch ein zweites Konzert - am Sonntag Nachmittag im Heidnischen Dorf. Musikalisch sind sie schlecht einzuordnen, und so ergibt die Recherche recht interessante Begriffsammlungen. Dark shamanic ritual nordic Folk-Ambient wäre irgendwie die Zusammenfassung davon. Klingen tut das ganze recht urig und rhythmisch, was an den teilweise simplen, selbstgebauten, aber dennoch selten anzutreffenden Instrumenten liegt. Definitiv die Neuentdeckung dieses WGTs - danke an den anonymen Tippgeber.
Nytt Land - Ragnarök
Es folgte ein geplanter musikalischer Stilbruch mit dem Besuch des Konzertes von Stahlr im Haus Leipzig. Hier wurde es wieder elektronischer bei melodiöser, gut tanzbarer Musik. Und es tat zudem auch gut, der brennenden Nachmittagssonne im Heidnischen Dorf zu entkommen. Lieder fiel das Konzert etwas kurz aus.
Stahlr - Into The Black
Das anschliessende Konzert von Haul wurde eigentlich nur zur Überbrückung mit auf den Tagesplan aufgenommen, zeigte aber dafür einmal mehr, wie sehr es sich lohnen kann, sich am WGT einfach mal von einer Band, die man nicht kennt und in die man auch nicht reingehört hatte, überraschen zu lassen. Beschreiben könnte man dies in diesem Falle als Urschreitherapie gepaart mit harten, experimentellen elektronischen Klängen und brachialer Gitarre - spannend anzuhören und anzusehen.
Haul - Separation (Album)
Dann gibt es so Bands wie Qntal, die man schon ungezählte Male gesehen hat und es auch immer wieder tut, wenn sich Gelegenheit dazu bietet. Es gibt dann manchmal auch nicht viel mehr zu sagen als, es war einfach schön. Die Kombination aus mittelalterlichen Klängen und modernen elektronischen Elementen überzeugt noch immer. Das empfanden leider mehr Festivalbesucher ebenfalls so, als ins Schauspielhaus reinpasst haben. Trotz langem anstehen kamen nicht alle Interessierten rein. Und die, die drin waren, blieb nicht mal alle auf ihren Sitzen. Die schmalen Treppenbereiche links und rechts im Raum wurden kurzerhand von Einzelnen zu Tanzflächen definiert.
Qntal - Echo
Ein weiteres Highlight dieses Jahr war Rosa Crux, die gleich nach Qntal im Schauspielhaus auftraten. Bekannt sind Rosa Crux unter anderem dafür, dass sie ihr eigenes Glockenspiel und eine selbstgebaute Schlagzeugmaschine dabei haben - beides in imposanter Grösse. Aber auch sonst sind Auftritte von Rosa Crux mehr als nur musikalische Darbietungen. Performance-Darbietungen gehören ebenfalls stets dazu. Damit ergibt sich ein eindrückliches künstlerisches Gesamtkonzept, das in seiner Einzigartigkeit bisher ohne Vergleich dasteht.
Rosa Crux - Terribillis
Als Tagesabschluss folgte dann das diesjährig Party-Highlight - Apocalyptic Cocktails im Naumanns im Felsenkeller mit Musik von Neofolk, über Apocalyptic Folk bis zu Military Pop und Ambient. Nach drei Stunden ohne Pause durchtanzen kann man definitiv glücklich schlafen gehen. Es stellt sich nur die Frage, warum diese Party in so einem kleinen Raum (vielleicht fünf mal sieben Meter) stattgefunden hat. Der Platz war chronisch knapp. Nächstes Jahr bitte in grösserer Räumlichkeit unterbringen.
Der Montag war dann der gemütlichste Tag dieses WGTs. Nach längerem Ausschlafen ging es ein letztes Mal zum Agra-Gelände zum Konzert von Rummelsnuff. Auftritte von Rummelsnuff zu besuchen, fühlt sich immer etwas an wie ein Guilty-Pleasure - selbst an einem WGT. Man weiss nicht, warum man es sich antut, und tut es doch immer wieder. Vielleicht ist es die Kombination aus simpel gestalteter Musik, bizarrer Selbstdarstellung und einer weiteren, noch nicht näher bekannten Zutat, die fasziniert. Erfolgreich scheint das Konzept jedenfalls zu sein. Noch vor wenigen Jahren spielten Rummelsnuff auf einer kleinen Bühne in der Moritzbastei - heute treten sie auf der Hauptbühne in der Agra-Halle auf.
Rummelsnuff - Der Käpt'n nimmt dich mit
Auf dem Weg zur Romantischen Tanznacht zum WGT-Abschluss der Blauen Stunde gab es noch einen kleinen Abstecher ins Heidnische Dorf.
Die Romantische Tanznacht bot dann die Gelegenheit, auf der finstersten Tanzfläche des ganzen WGTs das Erlebte nochmals Revue passieren zu lassen und sich langsam darauf einzustellen, am Folgetag die Heimreise anzutreten.
Mit 21'000 Besuchern endete ein weiteres schönes Wave-Gotik-Treffen in Leipzig, das bekannte Highlights und auch Neuentdeckungen bot - so wie es sein soll. Die Vorfreude auf nächstes Jahr ist jetzt schon da.